Nachts zu laufen hat für mich etwas Magisches: Ruhe, klare Luft und eine andere Perspektive auf gewohnte Wege. Gleichzeitig sind technische Singletrails im Dunkeln eine Herausforderung – Stufen, Wurzeln und enge Kurven verlangen mehr Achtsamkeit. In diesem Beitrag teile ich meine besten Tricks für sicheres Nachtlaufen: von der Stirnlampe über Sichtbarkeit bis hin zu Rhythmus und Tritttechnik auf technischen Trails.
Meine Grundregel: Sicht zuerst
Ich behandle Sicht als Priorität. Ohne gute Sicht fällt alles andere schwerer–Tempo, Fußsetzung, Orientierung. Für mich gehören mindestens zwei Lichtquellen zur Standardausrüstung: eine leistungsfähige Stirnlampe und ein Backup (kleine Clip-Leuchte oder Stirnlampe mit Ersatzakku). So habe ich nie ein "dunkles Loch" auf dem Trail.
Stirnlampe: Leistung, Lichtbild und Positionierung
Bei Stirnlampen achte ich auf drei Dinge: Lumen, Lichtbild (Spot vs. Flood) und Tragekomfort.
- Lumen: Für technische Trails nutze ich meist 400–1200 Lumen. Unter 300 Lumen ist mir der Lichtkegel oft zu schwach, besonders bergab.
- Lichtbild: Ein kombiniertes Lichtbild (enger Spot für Fernsicht + breiter Flood für Nahsicht) ist ideal. Der Spot hilft mir, Kurven und Steigungen vorauszusehen; das Flood beleuchtet den Boden vor den Füßen.
- Positionierung: Die Lampe sollte stabil sitzen und leicht nach unten geneigt sein, damit der Lichtkegel den Boden 2–4 Meter vor mir trifft. Zu weit nach oben leuchtet zwar die Ferne, blendet aber die Nahsicht.
| Aspekt | Empfehlung |
|---|---|
| Lumen | 400–1200 für technische Trails |
| Lichtbild | Spot + Flood kombiniert |
| Batterie | Ersatzakku oder Powerbank mitnehmen |
| Markenbeispiele | Petzl (NAO, Actik), Black Diamond (Spot, Sprinter) |
Backup und Batteriemanagement
Eine Stirnlampe kann ausfallen – nass, Akku leer oder mechanischer Defekt. Ich nehme deshalb immer ein kleines Ersatzlicht mit, das am Rucksack oder am Brustgurt befestigt ist. Zudem kontrolliere ich die Akkustände vor jedem Lauf und lade Lampen voll. Für längere Nächte habe ich eine Notpowerbank im Pack.
Beleuchtung für andere: Rück- und Seitenlichter
Neben eigener Sicht geht es auch um Sichtbarkeit für andere. Ich nutze ein rotes Rücklicht am Rucksack und seitliche LED-Clips an Arm oder Weste. Reflektierende Details an Kleidung und Rucksack erhöhen die Erkennbarkeit bei Streckenabschnitten mit Fahrrad- oder Autoverkehr.
Kleidung und Reflexion
Meine Kleidung wähle ich so, dass sie sowohl Wärme als auch Sichtbarkeit bietet. Reflektierende Westen sind nicht nur für Strassenläufe sinnvoll; auf Waldwegen helfen sie Mitläufern, dich aus der Ferne zu erkennen. Schichtenprinzip: leichte, atmungsaktive Basisschicht, isolierende Zwischenschicht und wind-/wasserabweisende Außenschicht.
Tempo, Rhythmus und Lauftechnik auf technischen Trails
Im Dunkeln laufe ich anders als am Tag. Mein Fokus liegt auf kontrolliertem Tempo und einem gleichmässigen Rhythmus.
- Reduziere Geschwindigkeit bergab: Ich nehme nicht automatisch Tempo raus, sondern passe die Schrittlänge. Kürzere, schnellere Schritte geben mir mehr Kontrolle.
- Augenarbeit: Ich schaue 2–4 Meter vor meine Füße, nicht fix auf den Boden direkt vor mir. So nehme ich Hindernisse früher wahr und plane den Tritt.
- Kadenz: Eine höhere Kadenz (ca. 170–180 Schritte/min für viele Läufer) hilft, die Bodenkontaktzeit zu reduzieren und stabiler zu bleiben. Ich zähle nicht immer, aber ich achte auf ein "leichteres" Gefühl und kürzere Schritte.
- Gewicht nach vorne: Leicht nach vorne geneigter Oberkörper sorgt für schnellere Reaktion auf Hindernisse und verhindert, dass man über die Ferse abrollt.
- Stöcke: Bei sehr technicalen oder steilen Downhills verwende ich Teleskopstöcke. Sie geben Stabilität und erlauben riskante Passagen sicherer zu kontrollieren.
Trail-Lesen im Dunkeln: wie ich Linien wähle
Eine gute Linie ist selbsterklärend bei Tageslicht, nachts muss ich sie aktiv „lesen“. Ich orientiere mich an folgenden Referenzen:
- Konturen im Lichtkegel: Kanten, Verwerfungen und Schatten verraten Steine und Wurzeln.
- Vegetation: Dichte Büsche am Rand deuten oft auf schmalere Wege.
- Vorherige Spuren: Fußspuren oder Reifenspuren helfen, eine sichere Linie zu erkennen.
Orientierung und Navigation
Ich nutze GPS-Uhren (z.B. Garmin) oder das Smartphone mit Offline-Karten als Navigation. Wichtig ist, dass die Karte vorher geladen ist. Im Dunkeln ist es schwieriger, Wegeabzweigungen zu erkennen — ich nehme mir kurz Zeit, die Route zu verifizieren, anstatt im Zweifel abzubiegen. Magnetkompass im Notfall kann hilfreich sein.
Gruppenläufe und Kommunikation
Beim Nachtlaufen in der Gruppe haben wir feste Regeln: Führungsperson mit der stärksten Lampe, Abstand halten, laut "Stopp" sagen bei Hindernissen und regelmäßig Headcount an Verzweigungen. Ich stelle sicher, dass jeder ein eigenes Licht hat und wir vereinbaren Treffpunkte, falls jemand zurückfällt.
Verhalten bei Problemen
Wenn ich mich verlaufe oder eine Verletzung habe, verhalte ich mich ruhig: Licht an, Position markieren (z. B. Rücklicht an den Boden legen), Telefonnummern und Notfall-Apps griffbereit. Für längere Einsätze habe ich immer eine kleine Erste-Hilfe-Ausrüstung und eine Rettungsdecke dabei.
Trainingspraxis: how-to
Ich übe das Nachtlaufen gezielt: kurze, technische Strecken zuerst, dann die Distanz schrittweise erhöhen. Ein Trainingsplan kann z. B. so aussehen:
- Woche 1–2: 2x pro Woche kurz (30–45 min) auf bekannten Strecken
- Woche 3–4: 1x pro Woche längere Einheit (60–90 min), Technik-Drills fokussiert
- Woche 5+: Simulation von Renntempo, nächtliche Navigation und Gruppenläufe
Ausgewählte Ausrüstungs-Empfehlungen
- Petzl NAO / NAO + – intelligentes Lichtmanagement, ideal für lange Nächte.
- Black Diamond Spot – gutes Preis-Leistungs-Verhältnis mit solidem Lichtbild.
- Rücklicht: Knog PWR oder kleinere Blinklichter – leicht und auffällig.
- Reflektierende Weste oder Hüftgürtel mit Reflektoren.
Nachts laufen verlangt Respekt vor der Natur und eigene Grenzen. Mit der richtigen Beleuchtung, klaren Regeln im Kopf, guter Technik und Backup-Plan verändert sich die Nacht von Risiko in ein spannendes Abenteuer. Auf Trailvsb teile ich solche Tipps regelmäßig – probiere die Übungen auf kurzen, bekannten Abschnitten und baue dein Vertrauen Stück für Stück auf.